Grenzen der Rechtsfortbildung im Bereich der Kostenheranziehung im Jugendhilferecht: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 als Ende der Debatte?Zur Finanzierung im Falle der stationären Unterbringung im Rahmen der Jugendhilfe werden die Eltern nach § 91 I SGB VIII zu Kostenbeiträgen herangezogen, wobei es auf ihr Einkommen ankommt (§§ 92 ff. SGB VIII). Mit einer Novellierung der entsprechenden Vorschriften im Jahr 2005 wollte der Gesetzgeber eine eigenständige Regelung über die Heranziehung für diese Fälle treffen. Zwar ist seitdem detailliert geregelt, wie (§ 92 SGB VIII) und in welchem Umfang heranzuziehen ist (§ 94 SGB VIIII i.V.m. der sog. Kostenbeitragsverordnung) sowie, was hierbei als Einkommen zu gelten hat (§ 93 SGB VIII). Mangels einer entsprechenden Regelung herrscht in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung aber seitdem erhebliche Unsicherheit darüber, auf das Einkommen in welcher Periode es hierbei ankommt und wie das Einkommen bei schwankenden Einkünften – wie häufig bei Selbstständigen, aber nicht nur bei diesen – zu bestimmen sei. Schon mit Urteil vom 11. Oktober 2012 – 5 C 22.11 – hatte das Bundesverwaltungsgericht verdeutlicht, man könne nach seiner Auffassung
In einem vom VG Düsseldorf schon zuvor (Urt. vom 14.02.2012 – 19 K 3225 ‑) zugelassenen Sprungrevisionsverfahren (5 C 16/12) hatte nun das Bundesverwaltungsgericht Anlass, diese Aussage zu überprüfen. Wir hatten dort für den Betroffenen (den beim VG Düsseldorf erfolgreichen Kläger und nun Revisionsbeklagten) argumentiert, das Bundesverwaltungsgericht habe mit seinem Ansatz aus Oktober 2012 die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschritten. Zwar sei der Ansatz des Rückgriffs auf die sozialhilferechtlichen Vorschriften (SGB XII) sachlich durchaus naheliegend. Der Gesetzgeber habe aber bei der Novelle 2005 absichtsvoll einen Verweis auf das Sozialhilferecht gerade nicht gewählt, weswegen sich dieser Weg der Lückenschließung verbiete. Die insofern aufgetretene „gesetzgeberische Aporie“ zu schließen sei nicht Aufgabe der Gerichte, sondern allein des Gesetzgebers, führten wir auch in Reaktion auf einen Schriftsatz des Vertreters des Bundesinteresses im Verfahren aus, über den das zuständige Bundesministerium ausrichten ließ, dass es den vom Bundesverwaltungsgericht gefundenen Weg gutheiße. Im Ergebnis hat das Bundesverwaltungsgericht an seinem Ansatz festgehalten und diesen verteidigt, führt hierzu aus:
Auch wenn wir dies nicht sehr überzeugend fanden, verbat sich eine Verfassungsbeschwerde, weil das Urteil ansonsten für unseren Mandanten überaus günstig war. Wie sich erweist, werden unsere grundsätzlichen Bedenken vom VG Hannover geteilt. In seinem lesenswerten Urteil vom 8.03.2013 heißt es zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.10.2012 unter anderem
und arbeitet das VG Hannover aus unserer Sicht überzeugend anschließend heraus, warum hier nur eine Lückenschließung durch den Gesetzgeber selbst befriedigen könne. Man darf gespannt sein, wie die Sache im Rahmen der vom VG Hannover erneut zugelassenen Rechtsmittel weitergeht. Als Anschauungsmaterial (und kleinen Einblick unseres Auftritts in einem Revisionsverfahren in einer für uns eher untypischen Materie) stellen wir Ihnen zur Verfügung:
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